Bökendorf (TKu). Eine klare Botschaft, eine nahezu perfekte Umsetzung der Schauspielerinnen und Schauspieler und eine authentische Bühnenkulisse: So könnte man das Musical „9to5“ beschreiben, das seit der Premiere Ende Juni auf der Freilichtbühne Bökendorf aufgeführt wird. Das habe schon „Broadway-Character“ meinte eine begeisterte Zuschauerin. Am Ende ist das Ensemble bei ihrer ersten Nachtvorstellung von Samstag auf Sonntag dieses zweieinhalbstündigen Musicals mit anhaltendem Applaus und stehenden Ovationen belohnt worden, so wie auch bei der ausverkauften Premiere am 28. Juni. Sehr professionell und mit geballter Power überzeugten die heimischen Schauspielerinnen und Schauspieler mit dem Musical, bei dem sich alles um den Sexismus der 70er und 80er Jahre dreht und wie sich drei Frauen dagegen zur Wehr setzen. Professionell war auch der Hauptdarsteller Jonas Fromme in der Rolle des sexistischen Chefs Mr. Hart, der sich aufgrund einer Verletzung am Bein nur mit Gehstützen auf der Bühne bewegen konnte. Auch dafür gab es einen Extra-Applaus vom Publikum.
Es war ein gelungener Auftakt für das diesjährige Abendstück im Jubiläumsjahr der traditionsreichen Bühne, die 2025 ihr 75-jähriges Bestehen feiert. „9 to 5“ basiert auf der gleichnamigen Filmkomödie von 1980, zu der Country-Ikone Dolly Parton den bekannten Titelsong beigesteuert hat. Das Musical wurde 2009 am Broadway uraufgeführt und 2016 erstmals auf Deutsch inszeniert. Seit einigen Jahren ist es auch für Freilichtbühnen adaptierbar und in Bökendorf wird die Geschichte um drei Frauen, die sich gegen ihren sexistischen Chef zur Wehr setzen, nun auf ganz eigene Weise unter freiem Himmel erzählt. Die Inszenierung unter der Regie von Melanie Herzig setzt auf eine klare, farbenfrohe Bildsprache. Anstatt das natürliche Bühnenbild mit massiven Kulissen zu überfrachten, setzt das Bühnenbauteam auf dezente, aber wirkungsvolle Elemente: etwa überdimensionale Stiftebecher, die sich wie bunte Baumgruppen ins Bühnenbild einfügen, oder eine riesige Schreibmaschine, deren Tasten als Sitzreihen dienen. Diese Mischung aus kreativer Gestaltung und technischer Präzision wurde vom Publikum begeistert aufgenommen.
Inhaltlich folgt das Musical dem Filmvorbild: Die drei Kolleginnen Violet, Judy und Doralee träumen davon, sich gegen ihren übergriffigen Chef durchzusetzen. Was zunächst als Fantasie beginnt, nimmt rasch konkrete Formen an – und verändert nicht nur ihren Arbeitsalltag, sondern auch ihre Lebensrealität. Die Geschichte bleibt dabei stets humorvoll, enthält aber auch sozialkritische Untertöne, die besonders in Zeiten von #MeToo und Diskussionen über Gleichstellung weiterhin aktuell sind. Die musikalische Leitung überzeugt mit einem abwechslungsreichen Soundtrack, der typische Musical-Elemente mit Pop-, Rock- und Countryklängen verbindet. Dolly Partons Kompositionen bringen Energie in die Szenen und tragen zum hohen Tempo der Inszenierung bei. In der Rolle der Abteilungsleiterin Violet brilliert Svenia Koch. Die Musikpädagogin überzeugt mit starker Bühnenpräsenz, präzisem Schauspiel und klangvollem Gesang. Ihr lyrischer Alt verleiht der Figur emotionale Tiefe. Jonas Fromme, als Chef Franklin Hart zu sehen, bringt den arroganten Vorgesetzten mit viel Spielfreude auf die Bühne – wenn auch verletzungsbedingt an Krücken. Was wie ein raffinierter Regieeinfall wirkt, ist tatsächlich einer kurzfristigen Verletzung geschuldet. Ein zentrales Element der Aufführung ist das Zusammenspiel des 46-köpfigen Ensembles.
Die komplexen Choreografien und schnellen Wechsel zwischen Szenen und Bildern sind mit hoher Präzision umgesetzt. Die Leistung aller Beteiligten ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es sich ausschließlich um ehrenamtliche Darstellerinnen und Darsteller handelt. Landrat Michael Stickeln lobte in seiner Begrüßungsrede vor der Premiere das große Engagement der Beteiligten: „Bei aller Professionalität darf man nicht vergessen, dass hier mit Herzblut und Leidenschaft gearbeitet wird. Diese Bühne ist ein kulturelles Aushängeschild für unsere Region.“ Noch bis zum 6. September wird „9 to 5“ insgesamt noch 14 Mal aufgeführt – am 19. Juli auch in Gebärdensprache. Karten können bequem online unter freilichtbuehne-boekendorf.de erworben werden. Als besondere Jubiläumsproduktion zeigt die Freilichtbühne im Herbst „Die Judenbuche“ nach der Novelle von Annette von Droste-Hülshoff. Die Aufführungen finden nicht auf der Freilichtbühne, sondern in der Aula der Gesamtschule Brakel statt – ganz in der Nähe des Originalschauplatzes Bellersen. Die Premiere ist für den 21. November angesetzt.
Und das sind die weiteren Aufführungstermine von „9 to 5“:
Juli
Fr, 11.07. – 20:00 Uhr
Sa, 12.07. – 16:00 Uhr
Fr, 18.07. – 20:00 Uhr
Sa, 19.07. – 20:00 Uhr (auch mit Gebärdensprache)
August
Fr, 08.08. – 20:00 Uhr
Sa, 09.08. – 20:00 Uhr
Fr, 15.08. – 20:00 Uhr
Sa, 16.08. – 20:00 Uhr
Fr, 22.08. – 20:00 Uhr
Sa, 23.08. – 20:00 Uhr
Fr, 29.08. – 20:00 Uhr
So, 31.08. – 18:00 Uhr
September
Fr, 05.09. – 20:00 Uhr
Sa, 06.09. – 20:00 Uhr
Fotos: Thomas Kube