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Mittwoch, 27. November 2024 Mediadaten
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Kreis Höxter (red). 2021 haben die Lebenshilfen im Kreis Höxter das inklusive Hausmeisterunternehmen Teamwork Höxter als eigenes Unternehmen gegründet und ausgegliedert. Mittlerweile hat sich das Unternehmen in der Region fest etabliert. Wie aus einer Autofahrt eine Unternehmensidee wurde? Wie man die Balance aus Fordern und Fördern trifft? Und was ein Tandemmodell? Ein Besuch in Ostwestfalen bringt Antworten.

Es kann manchmal (relativ) einfach sein. Die Geschäftsleitung der Lebenshilfe Brakel bedauert bei einer gemeinsamen Autofahrt die schlechten Chancen der Klient:innen und Schüler:innen. Man habe tolle Leute, aber wenig Möglichkeiten, diese auf den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Antonius Schulte sitzt auf der Rückbank und kommt ins Grübeln. Die Lebenshilfe schreibe intern so viele Stellen aus, fände aber für die eigenen Leute nichts Passendes. Der kurzen Stille folgt ein ebenso knapper, aber umso wirkungsvoller Vorsatz: "Das ändern wir jetzt."

Aus diesem Gedanken entstand 2020 die Teamwork Höxter gGmbH. Geschäftsführer Antonius Schulte (44) verfolgte der Impuls schon länger. Er kam 2002 nach zwei abgeschlossenen Handwerksausbildungen als Zivildienstleistender zur Lebenshilfe. Im Anschluss arbeitete er jahrelang als Lehrer im Berufsbildungsbereich der Förderschulen in Trägerschaft der Lebenshilfe. Schon während der Lehrtätigkeit im Bereich geistiger Entwicklung ärgerte er sich, dass es in der Region nur begrenzte Anschlussmöglichkeiten für seine Schüler:innen gab.

Natürlich bestehe immer die Möglichkeit, in eine Werkstatt für behinderte Menschen zu wechseln. "Das ist für viele auch eine richtige und gute Option", so Schulte. Es gebe jedoch in jedem Jahrgang eine Hand voll Schüler:innen, die mit der Arbeit in der Werkstatt unterfordert, mit dem Schritt in die freie Marktwirtschaft aber überfordert wären. Das war die Lücke, die man mit Teamwork Höxter füllen wollte.

Der richtige Schlüssel für offene Türen

Zwar dauerte die Umsetzung ihre Zeit, aber die ersten Gespräche mit Einrichtungen wie dem LWL liefen unkompliziert. Der Ansatz fiel auf fruchtbaren Boden: "Wir haben schlicht gesagt 'Wir haben da eine Idee' und damit hatte sich das." Neben dem bürokratischen Aufwand bestand auch noch die Frage der Übersetzung einer guten Idee in eine ebenso gute Praxis. Wichtig war es, ein Modell zu schaffen, das sowohl zur Arbeit als auch zu den Anforderungen der späteren Beschäftigten passt. Nächstes Jahr sollen zwei weitere Teams hinzukommen und auch weitere Arbeitsbereiche sollen je nach Möglichkeit erschlossen werden.

Aus diesem Grund plante Schulte von Anfang an mit dem Tandemmodell von Teamwork Höxter. In vier Teams arbeiten je eine Fachkraft und ein:e Mitarbeiter:in mit einer geistigen Behinderung in verschiedenen Hausmeistertätigkeiten in der Umgebung rund um Höxter. Bei den Außeneinsätzen brauchen die Hausmeister:innen immer Hilfe, was ein konstantes, aber gut angeleitetes Arbeitspotential für die Helfer:innen garantiert. Dieser "Eins-zu-Eins-Schlüssel" war laut Schulte von Anfang an geplant und lieferte letztlich auch die Inspiration für den Namen "Teamwork"; es sei schließlich die Arbeitsweise, die am besten zur Vision des Projekts passte: "Das ist Inklusion in Reinform."

Wichtig für einen gelungenen Start des Unternehmens und die erfolgreiche Umsetzung des Konzepts waren die richtigen Fachkräfte mit der nötigen Sozialkompetenz. "Die müssen das auch wollen", resümiert Schulte. Zum Glück für das Unternehmen konnte man direkt mit zwei Hausmeistern der Lebenshilfe den Betrieb starten, die schon mit der Zielgruppe vertraut waren - und eben auch "wollten." Unterstützt werden die Teams vom sozialen Dienst der Lebenshilfe. Das gibt den Mitarbeiter:innen die Chance, regelmäßig Feedback zu geben sowie zu erhalten und sich über die Arbeitswoche auszutauschen. Das sorgt für ein gutes Arbeitsklima, verbessert die Kontinuität in der Leistung und sichert überhaupt erst die Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches inklusives Arbeiten.

"Ne gute Sache"

Benedikt Prohn (36) war einer der bereits bei der Lebenshilfe beschäftigten Hausmeister, die mitwechselten. "Wir waren sofort dafür zu haben", erzählt er enthusiastisch. Man gebe jungen Menschen eine Chance, aber auch für ihn hat es klare Vorteile: "Zu zweit kann man vieles besser machen. Und es bedeutet mir viel, wenn man sieht, wie sich die Jungs weiterentwickeln und auch privat wachsen, das bereitet viel Freude. Das ist einfach 'ne gute Sache."

Prohn und sein Tandempartner David Schreiber (22) sind heute in einer der Wohnstätten der Lebenshilfe tätig. Viele der Einsätze sind in den Einrichtungen der Trägerschaft, eine Synergie, die den Start des Unternehmens mit sicheren Aufträgen begünstigte. Das Gebäude wird saniert, es gibt also viel zu tun: Die Wände müssen verputzt und gestrichen, Anschlüsse installiert und Elektronik montiert werden. Die abwechslungsreiche Arbeit ist herausfordernd. Die ständig wechselnden Tätigkeitsfelder bringen auch kontinuierlich neue Anlernphasen mit sich. Das fordert Fach- und Hilfskraft, wird aber - wie der Unternehmensname impliziert - im Team gemeinsam gelöst.

Schreiber arbeitete vorher in einer der Werkstätten der Lebenshilfe, bevor er 2021 zu Teamwork Höxter wechselte. Für ihn war die Arbeitsvielfalt im neuen Unternehmen der Hauptgrund für diesen Schritt: Die Vielseitigkeit in Arbeit und Arbeitsplatz, die von Tag zu Tag unterschiedlich sein kann, läge ihm mehr als der geregelte Ablauf in der Werkstatt - eine Bestätigung der Gründungsidee. Das gute Arbeitsklima im Tandem hilft dabei, sich die neuen Tätigkeiten zu erschließen: "Wir haben unseren Spaß, wir haben unsere Streitereien, aber wir kriegen alles hin", sagt er in Richtung von Benedikt Prohn. Er sieht seine Zukunft auch weiterhin im Betrieb und ist rundum zufrieden: "Es ist schon Bombe. An jedem Tag, wenn ich aufstehe, freue ich mich aufs Neue."

Erfolg auf eigenen Füßen

Thomas Schwarz steht vor der alten Stadtmauer in Höxter. Im Duo mit seinem Kollegen Patrick Nordhold (28) bringt er die Grünflächen am anliegenden Parkplatz auf Vordermann. Schwarz stieß erst nach der Gründung zum Team. Der 53-Jährige wechselte von einem großen Agrarhändler, als Teamwork Höxter nach einer Fachkraft an der Schnittstelle von Landschaftsbau und Elektrotechnik suchte. Das Thema Inklusion und die besonderen Anforderungen an die Stelle wurden im Team offen kommuniziert und gemeinsam umgesetzt.

In der Regel "scoutet" das Übergangsmanagement der Werkstätten geeignete Kandidaten, denen man den Wechsel zutraut - und die sich ihn auch selbst zutrauen. Patrick Nordhold war einer davon. Dass Antonius Schulte früher sein Lehrer war, half natürlich, den Sprung zu wagen. Nordhold wollte diesen Schritt unbedingt gehen - auch gegen den Wunsch der eigenen Familie, die die Sicherheit der Werkstatt schätzte: "Ich habe das für mich selbst entschieden. Ich wollte mal auf eigenen Füßen stehen." Nach einem Praktikum zum Eingewöhnen kam er so im September letzten Jahres zusammen mit Thomas Schwarz ins Unternehmen.

Der Tapetenwechsel bekommt Nordhold gut, die Arbeitsweise passt besser zu ihm. "Ich fühle mich einfach freier", sagt er. Auch er schätzt die vielfältigen Arbeitsfelder im Freien. Nach einem Jahr ist Nordhold mit seiner Arbeit und seiner Entscheidung, trotz der großen Umstellung, die sie mit sich brachte, zufrieden. "Ich würde es nochmal machen", sagt er.

Hintergrund Integrationsunternehmen

In Westfalen-Lippe gibt es zurzeit über 170 Inklusionsunternehmen oder -abteilungen in Firmen aus Industrie, Handel und Gewerbe, in denen knapp 2.200 Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten. Die Betriebe, die zum großen Teil Mitarbeiter mit Handicaps beschäftigen, sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständig. Sie müssen sich wie jedes andere Unternehmen am freien Markt behaupten.

Der LWL unterstützt diese Firmen mit Mitteln aus der Ausgleichsausgabe, die Unternehmen leisten müssen, die nicht mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Mitarbeiter:innen besetzen. Die Inklusionsunternehmen bekommen Zuschüsse zu Investitionen, betrieblichem Mehraufwand, Betreuung und Lohnkosten. An der Finanzierung beteiligen sich auch die Bundesagentur für Arbeit, das Land Nordrhein-Westfalen über das Programm "Integration unternehmen!" sowie die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und die Aktion Mensch. Hinzu kommen Mittel aus dem Förderprogramm "Inklusionsinitiative II - AlleImBetrieb" des Bundes. Die Arbeitsplätze sind im Schnitt deutlich kostengünstiger als die Plätze in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Die LWL-Messe der Inklusionsunternehmen wird präsentiert unter http://www.lwl-messe.de.

Foto: LWL/Paul Metzdorf

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