Bad Driburg (mhn). Bad Driburg ist nicht die niemals schlafende Metropole mit dem klangvollen Namen New York, noch die modebewusste Millionenstadt London. „Eigentlich wäre ich nach New York oder London gegangen“, verrät Annabelle Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff in der Artikelreihe „Auf einen Kaffee mit…“ von Bad Driburg News. Wie so oft spielt das Leben anders als erwartet und statt in New York oder London zu residieren, hat die heute 50 Jahre alte Gräfin im Teutoburger Wald ihr zu Hause gefunden. Mit Bad Driburg News hat die Kunsthistorikerin unter anderem über ihre Geburt in Pakistan und die Liebe, die ihr Leben in andere Bahnen lenkte, das Leben als Großstadtkind in Bad Driburg und das Unternehmer-Dasein gesprochen.

Das Licht der Welt in Pakistan erblickt

Heute lebt Annabelle Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff in Bad Driburg, doch das Licht der Welt erblickte die kleine Annabelle in einer uns fremden Kultur. Am Arabischen Meer im pakistanischen Karatschi wurde sie im Jahr 1967 geboren. Wie es zu diesem Ort gekommen ist, möchte ich von der Gräfin wissen. „Mein Vater war ‚Troubleshooter‘ für deutsche Unternehmen. Er ist für diese Unternehmen - beispielsweise Krupp - ins Ausland gegangen, um diese Firmen vor Ort zu sanieren“, erklärt sie. „Schon vor meiner Geburt sind meine Eltern viel herumgekommen.“ Von Pakistan führte der Weg der Familie erst nach Sevilla und dann weiter nach Barcelona.

Das Kapitel „Deutschland“ beginnt mit 12 Jahren

Die ersten Seiten des neuen Kapitels der jungen Annabelle werden in Wiesbaden geschrieben. Ihr Abitur legt die junge Frau erfolgreich in Essen ab. Doch wie viele junge Menschen, ist sie sich unsicher in Bezug auf ihre berufliche Zukunft. So entschließt sie sich zunächst eine Lehre als Groß- und Außenhandelskauffrau zu beginnen. In einem Stahlhandel schließt sie dieses Kapitel erfolgreich ab.

Die Last des Familiennamens und „Jetzt gehst du einfach nach Berlin“

Danach arbeitet sie zwei Jahre lang für eine der namhaftesten Galerien Deutschlands. „Ich war Angestellte bei der Galerie Hans Mayer in Düsseldorf und dann fiel die Mauer – ein wirklich ereignisreiches Erlebnis“, führt Annabelle von Oeynhausen-Sierstorpff aus. „Und da dachte ich, jetzt gehst du nach Berlin und fängst mit 23 Jahren an zu studieren.“

Gesagt, getan. Annabelle Hünermann zieht es 1990 in die heutige Metropole Berlin, um Kunstgeschichte zu studieren. „Mein Studium finanzierte ich mir selber, indem ich in Galerien und Museen arbeitete und nebenbei als Model auf Mode-Messen lief“, erklärte sie. Berlin sei etwas ganz Besonderes gewesen, schwärmt sie, auch weil sie einfach nur „Annabelle“ gewesen sei. Einfach deshalb, weil „Annabelle“ Teil einer sehr bekannten Düsseldorfer Familie ist. 

„Als ich in Düsseldorf lebte, war ich immer nur die Nichte oder die Enkelin von…“, erklärt die Gräfin, die zu dieser Zeit den Familiennamen Hünermann trug, eine äußerst bekannte Familie in Düsseldorfer Kreisen. „Meine Tante war Gabriele Henkel. Sie heiratete Konrad Henkel, den langjährigen Chef des Henkel-Konzerns. Eine weitere Tante war die Galeristin Hete Hünermann."

Berlin-Venezuela- Bad Driburg und die Liebe

Nachdem sie ihr Studium mit dem Magister artium abschließt, steht die heutige Gräfin plötzlich ohne Arbeit da. „Plötzlich war ich arbeitslos. Diese Situation kannte ich nicht und ich entschloss mich, den ersten Job anzunehmen, der angeboten werden würde“, führte Annabelle Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff aus. Dass dieses Angebot aus Caracas in Venezuela kommen würde, konnte sie nicht wissen.

Inzwischen ist ihr Partner, Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, 1995 dem Ruf seines Vaters nach Bad Driburg gefolgt, um in siebter Generation das Familienunternehmen, die Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, zu übernehmen. Nicht einfacher wurde die Situation als Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff der jungen, hübschen Frau einen Heiratsantrag macht, den sie natürlich bejaht. Doch als „pflichtbewusste Frau“ geht die Gräfin erst einmal nach Venezuela, um dem Ruf aus Südamerika zu folgen.

„Ich sollte eine Galerie in der Hauptstadt Caracas leiten. Doch als die Geschäfte in Venezuela ausblieben, folgte ich dem Wunsch meines Herzens. Ich ging nach Bad Driburg zu meinem Marcus. Dieses entsprach nicht meinem Plan für das Leben. Eigentlich hätten meine Stationen New York oder London heißen sollen, aber so spielt das Leben.“ Im Herbst 1996 läuten dann die Hochzeitsglocken und dem Liebesglück steht nichts mehr im Wege. 

Als Großstadtkind in Bad Driburg

Wie es einem Großstadtkind in Bad Driburg erging, möchte ich wissen. „Das ist eine gute Frage“, betonte die Gräfin, „wenn man verliebt ist, dann kompensiert dieses viel. Es war wirklich sehr, sehr schwer. Ich bin gerne mal geflüchtet, zu meiner Familie ins Rheinland.“ Auch der Nachwuchs ließ nicht lange auf sich warten und füllte den Tag der damals jungen Frau. Insgesamt blickt die Unternehmerfrau und Mutter stolz auf ihre drei Kinder.

Auf der Suche nach Inspiration und Highlights 

Ein bis zwei Tage in der Woche ist sie geschäftlich unterwegs. Auf den Reisen holt sie sich auch immer Inspiration für das heimische Unternehmen. „Ich bin immer offen für Anregungen, weil man nie genug lernen kann“, macht die erfolgreiche Unternehmerin deutlich. In Gesprächen mit Hotel-, Presse- und Marketingfachleuten werden Kooperationen, Trends und Strategien besprochen und umgesetzt. 

Seit 2004 arbeitet sie aktiv im Hotel „Gräflicher Park Gran Resort“ mit. Gemeinsam mit ihrem Mann erarbeitete sie das Konzept und die damit einhergehenden architektonischen Veränderungen. „Wir haben damals entschieden, ein ‚4-Sterne-Superior‘-Hotel mit den Schwerpunkten Wellness- und Firmenkunden-Location zu errichten.“ Die volle Verantwortung trug sie für das Interieur: „Einerseits sollte das Hotel gehobene Eleganz ausstrahlen, andererseits sollte es nicht abgehoben sein. Ganz im Sinne des Gründers des Bades, Graf Caspar Heinrich von Sierstorpff, der kein mondänes Kurbad, sondern einen Ort des ländlichen Vergnügens schaffen wollte.“ Nach der Neueröffnung im Jahre 2007, zum 225-jährigen Jubiläum, verantwortete die Gräfin viele Jahre lang allein den gesamten Public Relations Bereich. 

Fragt man die Unternehmerfrau nach neuen Ausrichtungen im Unternehmen, dann erklärt sie, dass sich das Hotel nach elf Jahren wieder neu positionieren müsse und der Bereich Präventionsmedizin im Medical Health Spa etablieren werde.

Neben der strategischen Ausrichtung des Gräflichen Parks zeigt sich die Gräfin für die Dekoration im Hotel und für die Bepflanzung der Beete im Park verantwortlich. „Gemeinsam mit unserem Parkdirektor, Heinz-Josef Bickmann, konzipiere ich jedes Jahr die Beete neu: von der Winter- und Frühlingsbepflanzung hin zur Sommer- und Herbstausrichtung. Wir sind unglaublich stolz, dass der Gräfliche Park Ankergarten der Europäischen Gartenroute (EGHN) ist und wir mehrmals unter den zehn schönsten Parks Deutschlands gewählt wurden.“

Und dann ist da noch die Diotima Gesellschaft e.V.

„Meine Schwiegermutter liebte den Park und kurz vor ihrem Tod eröffnete sie den Hölderlin Hain mit dem Hölderlin-Gedenkstein und die Diotima Insel. Beides soll an den Aufenthalt des Dichters Friedrich Hölderlin erinnern, der 1796 mit Susette Gontard, der er als „Diotima“ ein literarisches Denkmal setzte, Gast im heute als Gräflicher Park bekannte Kurbad war. Sie verbrachten die sechs glücklichsten Wochen ihres Lebens im Kurbad am Fuße des Teutoburger Waldes.

Dass Hölderlin, Annette von Droste-Hülshoff und andere Literaten in Bad Driburg weilten, ist eine gute Voraussetzung, um Kulturveranstaltungen anbieten zu können. Dafür wurde die Diotima Gesellschaft e.V. im Jahr 2004 gemeinsam mit der Stadt Bad Driburg und der Touristik GmbH von der Familie Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, als Besitzerin des Gräflichen Parks gegründet. „Ich wollte einen Kulturverein für das Schöne gründen“, führt die erste Vorsitzende des Vereins aus. 

Rund 120 Mitglieder hat die Diotima Gesellschaft e.V., die sich zur Aufgabe gestellt hat, das kulturelle Erbe des Gräflichen Parks und der Stadt Bad Driburg zu beleben und kulturelle Veranstaltungen mit Künstlern nationaler und internationaler Klasse durchzuführen. Mit Lesungen, Konzerten, Vorträgen, Theatervorstellungen und Kunstaktionen hat der Verein längst die Stadt Bad Driburg zum Kulturort gemacht. Besucher aus ganz Deutschland kommen zu den Veranstaltungen. Die Gräfin ist überzeugt: Kultur gehört heute zu den harten Standortfaktoren, die einen Ort attraktiv machen. Sowohl für Touristen, als auch für die Bürger und die, die es werden sollen. Sie ist stolz, dass sie mit ihrem ehrenamtlichen Engagement und weitgehend ohne Subventionen zum positiven Image der Stadt Bad Driburg beiträgt.

Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff

Zur Unternehmensgruppe gehören ein öffentlicher Landschaftspark mit 64 Hektar, ein 4-Sterne-Superiour-Hotel mit 135 Zimmern, zwei Restaurants, ein Medical-Health-Spa, ein preisgekrönter Wellness-Bereich, 13 Tagungsräume et cetera sowie die Bad Driburger Naturparkquellen und die fünf Gräflichen Kliniken in Bad Driburg, Bad Hermannsborn und Thüringen. Insgesamt sind in der Unternehmebsgruppe ca. 1.500 Mitarbeiter beschäftige.

Foto: Jörn George