OWL (red). 57 Kommunen, Verbände und Gesellschaften aus den Regierungsbezirken Detmold und Arnsberg sowie Niedersachsen haben am 14. Februar in Detmold feierlich den Vertrag zur Gründung der Klärschlammkooperation Ostwestfalen-Lippe unterzeichnet. Die zukünftigen Gesellschafter der Klärschlammverwertung OWL GmbH vertreten 78 Gemeinden, Städte, Kreise, Wasser- und Zweckverbände, bei denen jährlich ca. 186.000 t Klärschlamm (rund 44.000 t Trockensubstanz) anfallen. Die Kooperation wird nun mit der europaweiten Suche nach einem strategischen Partner beginnen. Der strategische Partner muss über ein geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Klärschlammverbrennungsanlage verfügen oder eine solche Anlage schon haben, die von der Kooperation dann genutzt werden kann. Die gemeinsame Entsorgung beginnt 2024, zu diesem Zeitpunkt werden dann ca. 156.000 t Klärschlamm über den strategischen Partner entsorgt. Ab 2029 sind alle Kooperationspartner an der Klärschlammlieferung beteiligt. Die gemeinsame Entsorgung erfolgt dann mindestens bis Ende 2043. Um für das Gemeinschaftsunternehmen und damit den Bürgerinnen und Bürgern eine angemessene Mitsprachemöglichkeit zu sichern, wird die Kooperation sich an der Gesellschaft zur Verbrennung der Klärschlämme beteiligen. Dies kann auch eine Finanzierungsverantwortung mit sich bringen, dafür ist die Kooperation entsprechend gerüstet.

Initiiert und unterstützt wurde die Initiative von der Bezirksregierung Detmold. Umweltabteilungsleiter Lutz Kunz begrüßte die Kooperationspartner in Vertretung der Regierungspräsidentin Judith Pirscher in der Detmolder Behörde. „Die Klärschlamm-kooperation OWL zeigt, dass Zusammenarbeit das ist, was die Region stark macht. Die Bezirksregierung hatte die Idee entwickelt, auf den Weg gebracht und die Partner auf ihrem Weg begleitet. Und es ist sehr erfreulich, dass es in so kurzer Zeit gelungen ist, die gesamte Region für dieses wichtige Ziel zu gewinnen“, freute sich Kunz. Die noch ausstehenden aufsichtlichen Prüfungen für die Klärschlammkooperation würden nun rasch abgeschlossen, sagte der Abteilungsleiter.

In den Räten der Kooperationspartner wurde das Gesamtkonzept der Kooperation fast immer einstimmig beschlossen. Nun sind fast alle Kommunen in der Region in der zukünftigen Klärschlammverwertung OWL GmbH zusammengeschlossen. An diesem Gemeinschaftsunternehmen werden nur diejenigen Städte und Gemeinden sowie Kreise und Verbände beteiligt, bei denen Klärschlamm anfällt bzw. denen die Entsorgung der Klärschlämme übertragen wurde. So wird sichergestellt, dass alle Beteiligten das gleiche Interesse (günstige und nachhaltige Entsorgung) im Unternehmen haben. Die Beteiligung richtet sich nach der Menge des anfallenden Klärschlamms. Alle Kooperationspartner konnten individuell festgelegen, mit welchen Mengen sie zu welchem Zeitpunkt einsteigen. Dr. Ute Röder vom Abfallwirtschaftsverband Lippe und Sprecherin des Arbeitskreises dankte im Rahmen der Unterzeichnung den vielen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kooperationspartner. „Sie haben in den Projektgruppen und in den Verwaltungen viel geleistet, „neudeutsch“ würde man es wohl als „agiles“ Arbeiten bezeichnen und das in hoher Arbeitsdichte. Die Anforderungen und das Projekt wurden immer wieder an die neuen Erkenntnisse aus Technik, Recht sowie Markt und an die Wünsche aus den Kommunen angepasst, so dass heute ein stimmiges Konzept die Grundlage für einen umfassenden Kooperationsvertrag vorliegt, Vielen Dank! Eine Bündelung von fast 80 Kommunen mit den resultierenden enormen Synergieeffekten schien anfangs unmöglich, ist uns aber gelungen und deutschlandweit einmalig. Eine Tatsache worauf wir stolz sind“. Der Abfallwirtschaftsverband Lippe wird mit ca. 24.000 t, der größte Kooperationspartner sein, da er die 15 beteiligten Kommunen des Kreises Lippe bündelt. Thomas Grundmann von der Gesellschaft für Entsorgung von Abfällen im Kreis, welche die eigenen Mengen und die von 9 Städten und Gemeinden des Kreises Gütersloh im Rahmen der Vorvereinbarung gebündelt hatte, ergänzt, „Das Konzept sieht eine langfristige Entsorgungssicherheit, Solidarität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit vor. Die Kooperation wird keine Gewinne erwirtschaften und so die Abwassergebühren in OWL niedrig halten.“ Karl-Heinz Schröder, Leiter der Kläranlage Putzhagen in Gütersloh und einer der stellvertretenden Vorsitzenden des Arbeitskreises bedankte sich ausdrücklich bei den weiteren Mitgliedern des Arbeitskreises und bei Sven Bökemeier, der von einem Kooperationspartner als Projektleiter gestellt wurde. „Im Arbeitskreis gab es intensive aber dabei stets lösungsorientierte Diskussionen, die die vertrauensvolle Zusammenarbeit getragen haben. Alle haben ihr Fachwissen und ihre Erfahrung in den Dienst der Sache gestellt. Herr Bökemeier hat dabei den Kooperationspartnern, den Projektgruppen und dem Arbeitskreis kompetent den Rücken freigehalten.“ In diesem Sinn soll auch die weitere Arbeit auf viele Schultern in OWL vertrauensvoll verteilt werden, um das Ziel der sicheren, nachhaltigen und wirtschaftlichen Entsorgung von Klärschlamm gemeinsam zu erreichen.

Weitere Informationen

In OWL werden rund 100 Kläranlagen betrieben, die mittelbar oder unmittelbar in kommunaler Hand liegen. In den Kläranlagen fielen 2017 etwa 184.000 Tonnen Klärschlamm an. Diese Klärschlämme enthalten eine ganze Reihe wertvoller Pflanzennährstoffe. Daher konnten in der Vergangenheit rund zwei Drittel als Dünger auf den Feldern der Region genutzt werden, die verbleibende Restmenge wurde in Kraftwerken und Zementwerken eingesetzt. Da der Klärschlamm neben wertvollen Bestandteilen jedoch auch umwelt- und gesundheitsgefährdende Schadstoffe enthalten kann, wurde in der neuen Klärschlammverordnung (AbfKlärV) die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung eingeschränkt. Weiterhin ist durch Inkrafttreten der neuen Düngeverordnung vom 02.06.2017 das Aufbringen unter anderem von Stickstoff und Phosphor auf Äckern weiter eingeschränkt worden. Da aber Phosphor ein wertvoller Rohstoff ist, hat der Gesetzgeber eine grundsätzliche Phosphorrückgewinnung für Klärschlämme vorgesehen. Betreiber von Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von mehr als 50.000 Einwohnerwerten haben Zeit bis 2032 und mit einer Ausbaugröße von mehr als 100.000 Einwohnerwerten bis 2029, um die Klärschlammverwertung neu zu organisieren.

Aufgrund der Änderung der beiden Gesetze haben aber bereits jetzt und zwar alle Kläranlagenbetreiber, auch die der kleineren Städte und Gemeinden, Probleme, weil die bisher in OWL betriebene landwirtschaftliche Verwertung nicht mehr bzw. nur noch sehr eingeschränkt möglich ist. Eine ordnungsgemäße Entsorgung erfolgt daher meist in Verbrennungsanlagen. In ganz Deutschland fehlen aber Kapazitäten hierfür. Daher steigt seit 2017 das Preisniveau für die Klärschlammentsorgung sprunghaft. In Niedersachsen und auch einigen Regionen OWLs wurde inzwischen von einem Entsorgungsnotstand gesprochen, da kaum noch Flächen für die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung zur Verfügung stehen.

Aufgrund der erheblichen Vorlaufzeiten für die notwendigen Umsetzungsmaßnahmen einer zukunftsfähigen Klärschlammentsorgung/-verwertung in OWL besteht deshalb die Notwendigkeit, schon frühzeitig zu handeln, um für neu zu schaffende Entsorgungskapazitäten einen ausreichenden Planungs- und Umsetzungszeitraum zur Verfügung zu haben. Vor allem aber besteht Einigkeit, dass ein interkommunales Vorgehen, nicht zuletzt auch im Sinne der Gebührenzahler und -zahlerinnen, sehr sinnvoll ist. Daher vereinbarten im Oktober 2018 der Abfallwirtschaftsverband Lippe, die Gesellschaft zur Entsorgung von Abfällen Kreis Gütersloh mbH, die Herforder Abwasser GmbH, der Abfallentsorgungsbetrieb des Kreises Minden-Lübbecke, der Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld sowie die Stadt Gütersloh als Erstunterzeichner eine Vorvereinbarung zur interkommunalen Klärschlammkooperation in Ostwestfalen-Lippe. Nach dem Beschluss des Gesamtkonzeptes auf der Mitgliederversammlung am 24.06.2019 in Bielefeld konnte dies nun in den einzelnen Räten beraten und entschieden werden.

Foto: Bezirksregierung Detmold